Dr. Karin Kneissl: „Die mediale Hetze geht seit Jahren ungebremst weiter“

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ARD (Symbolbild) - SNA, 1920, 11.03.2023
Die Bundesregierung und ÖRR stecken unter einer Decke: Eine Liste offenbart nun, dass in den vergangenen fünf Jahren rund 1,5 Millionen Euro an Journalisten für Regierungs-Aufträge ausgezahlt wurden. Auf Anfrage unserer Redaktion hat sich die Buchautorin und ehemalige Außenministerin Österreichs, Dr. Karin Kneissl, zum Problem geäußert.
Kommentar:
„Die enge Verbindung zwischen Redaktionen und politischen Kabinetten hat sich in den letzten Jahrzehnten u.a. aus dem Aufstieg der PR-Experten und Kommunikationsagenturen ergeben. Freundliche Haus- und Hofberichterstattung wird von politischen Parteien aber auch staatlichen Konzernen mittels Steuergeldern gekauft, da viele Zahlungen jenseits der gesetzlich normierten Presseförderungen erfolgen.
Der ehemalige Chefredakteur von ‚Le Monde Diplomatique‘, Ignacio Ramonet, verfasste mit seinem Buch ‚La tyrannie de la communication‘ (1999) eine kluge Analyse des Abstiegs des Journalismus, denn an die Stelle der Information war die Kommunikation getreten. Das Pentagon zog aus dem Vietnamkrieg die Lektion, fortan Journalisten mit genehmen Häppchen zu füttern. Das Anfüttern i.e. Korrumpieren zog in der Folge immer weitere Kreise. Allein die Journalistendelegationen auf offiz. Reisen sprechen Bände. Deutschland und Österreich sind hier besondere Fallbeispiele. Viel von dieser Verfilzung ist im angelsächsischen Raum ein Straftatbestand.
Als ich mein Ministeramt 2017 antrat, kürzte ich das Millionenbudget der sogenannten Regierungsinserate im Außenministerium sehr zum Schrecken der Redaktionen um 80 Prozent. Mir wurde damals angekündigt, dass man mich vernichten würde. Ich verglich den Schlagabtausch, den ich damals und danach erlebte, mit den Schutzgeldzahlungen an die Mafia. Denn wer nicht medial vernichtet werden will, muss eben zahlen, also die Korruption fortführen. Ich zahlte meinen hohen Preis der moralischen und wirtschaftlichen Vernichtung und verließ im Herbst 2020 unfreiwillig Österreich. Wurden mir zu Beginn noch Tierquälerei, Giftmischerei und Korruption medial angehängt, ging es in der Folge über zum Vorwurf des Hochverrats und der Spionage. Die mediale Hetze geht seit Jahren ungebremst weiter. Will man diese weitreichenden Missstände im Journalismus v.a. im deutschsprachigen Raum verändern, müssen die Beziehungen zw. Medien und Politik neu geregelt werden. Doch mit welchen Politikern und welchen Journalisten? Eine Zäsur wäre unvermeidlich. Dann würde eventuell wieder so etwas wie Information anstelle der politisch gelenkten Kommunikation treten.“
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