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Gaspreis-Poker mit Gazprom: Polen schießt Eigentor
Gaspreis-Poker mit Gazprom: Polen schießt Eigentor
Der russische Energieriese Gazprom hat beim internationalen Schiedsgericht die vertraglich vereinbarte Erhöhung der Preise für den polnischen Gasversorger... 28.01.2022, SNA
2022-01-28T17:14+0100
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Die Polen, die zuvor eine Änderung der gegenseitigen Abrechnungen erreicht hatten, sind wieder einmal unzufrieden: Der Rohstoff ist teurer geworden und schlägt ins Kontor. Die Polen wollen aber nicht zahlen, obwohl die Preisbildung bei Gas auf ihr Betreiben zurückgeht.GeldforderungenIm Januar habe sich Gazprom an den internationalen Schiedsgerichtshof mit der Forderung gewandt, die Lieferkosten für den Zeitraum von 2017 und 2020 anzupassen und den Preis vertragsgemäß nachträglich anzuheben, teilte PGNiG mit.Dieser Vorgang ist in der Branche nicht ungewöhnlich: 1996 wurde mit dem polnischen Unternehmen ein Vertrag über langfristige Gaslieferungen über die Jamal-Europa-Pipeline abgeschlossen. Dort steht geschrieben, dass beide Seiten alle drei Jahre Preisänderungen beanspruchen können.2020 machten die Polen erstmals von diesem Recht Gebrauch. Laut Beschluss des Stockholmer Schiedsgerichtshofs zahlte Gazprom an PGNiG 1,5 Milliarden US-Dollar für den Zeitraum von 2014 bis 2017 zurück. So groß war der zurückzuzahlende Überschuss laut Gerichtsbeschluss.Das Schiedsgericht hatte befunden, dass der Gaspreis angesichts der aktuellen Marktlage im Vertrag zu hoch lag. Anschließend einigten sich die Vertragsparteien auf eine neue Preisformel. Die Polen erreichten dabei sogar ihre anvisierte Kalkulation: Der Preis setzt sich zu 83 Prozent ausgehend vom Spotmarkt und zu 17 Prozent ausgehend vom Ölkorb zusammen.Ping-Pong um PreiseDoch die Gaspreise stiegen sprunghaft an: auf 1000 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter. Bei einer Ankopplung an den Ölmarkt wären es 300 Dollar gewesen.Gazproms Gegenklage zeigt: Es handelt sich um ein Ping-Pong-Spiel. In Stockholm erreichte Warschau nicht nur eine neue Preisformel, sondern auch eine Änderung der Fristen der langfristigen Verträge: Nun können die Preise einmal im Quartal statt nach neun Monaten revidiert werden. Damit schossen die Polen quasi ein „Eigentor“.Dennoch will Warschau nicht nach diesen Regeln spielen. PGNiG-Vorstandschef Pawel Majewski hält Gazproms Forderungen für unbegründet.Wie das Stockholmer Schiedsgericht entscheiden wird, lässt sich schwer voraussagen, doch der polnische Versorger muss voraussichtlich die geforderte Nachzahlung leisten.„Polen muss derzeit jedes Quartal eine Neukalkulation zum eigenen Nachteil machen. Im vergangenen Jahr stiegen die Spotpreise um ein Vielfaches. Damit führte die Klage der PGNiG dazu, dass die Polen für direkte Lieferungen mehr als früher zahlen“, sagte der russische Finanzexperte Nikolai Nepljujew.Teure Laune der PolenDer Jamal-Vertrag endet im November 2022. Vonseiten Polens hieß es schon häufig, dass sie ihn nicht verlängern wollten.Warschau setzt auf die norwegische Gasleitung „Baltic Pipe“. Dennoch ist nicht klar, womit diese Pipeline befüllt werden soll – es wurden keine ausreichenden Ressourcen gefunden. Polen braucht 20 bis 21 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Rund fünf Milliarden Kubikmeter sind eigene Fördermengen. Weitere fünf Milliarden Kubikmeter könnten über den LNG-Terminal in Świnoujście verfügbar gemacht werden (bislang wird dieser nur zu 20 Prozent genutzt).Der aktuelle Vertrag mit Gazprom garantiert 9,8 Milliarden Kubikmeter über die „Jamal-Europa“-Pipeline. „Baltic Pipe“ soll die russische Pipeline vollständig ersetzen. Doch sie ist nur zu 33 Prozent ausgelastet – das sind 3,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr.Ohne Transit gebliebenBis Mitte Dezember 2021 speiste Gazprom täglich die „Jamal-Europa“-Pipeline entsprechend der Transportkapazitäten. Doch seit dem 17. Dezember fließt deutlich weniger Gas durch den polnischen Abschnitt. Seit dem 20. Dezember nutzte Gazprom diese Gasleitung überhaupt nicht mehr, die Pipeline wurde dennoch für Reverse-Lieferungen aus Deutschland nach Polen gebraucht.Die Zeitung „Myśl Polska“ gab Einblick in dieses Verfahren: Ein Teil des russischen Gases, das nach Deutschland fließt, wird nach Polen zurückgeleitet und gilt somit als deutscher Kraftstoff – auf diese Weise „senkte“ PGNiG den Gasimport aus Russland.„Man hätte sich eine Medaille umhängen können, doch der Rohstoff kam trotzdem aus Russland. Als der Transit stoppte, war man trotzdem auf ihn angewiesen“, so die Zeitung „Myśl Polska“. Die „größte und einzige russische Investition auf polnischem Territorium“ kam zum Erliegen, doch Warschau ist das unliebsame Gas trotzdem nicht losgeworden.
https://snanews.de/20220127/gazprom-reserven-gasspeichern-europa-5153361.html
https://snanews.de/20220127/gasversorgung-sachalin-gebiet-gazprom-fluessiggas-speicher-kurilen-5152545.html
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Gaspreis-Poker mit Gazprom: Polen schießt Eigentor
Natalia Dembinskaja
Gastautorin bei RIA-Novosti
Der russische Energieriese Gazprom hat beim internationalen Schiedsgericht die vertraglich vereinbarte Erhöhung der Preise für den polnischen Gasversorger PGNiG eingeklagt.
Die Polen, die zuvor eine Änderung der gegenseitigen Abrechnungen erreicht hatten, sind wieder einmal unzufrieden: Der Rohstoff ist teurer geworden und schlägt ins Kontor. Die Polen wollen aber nicht zahlen, obwohl die Preisbildung bei Gas auf ihr Betreiben zurückgeht.
Geldforderungen
Im Januar habe sich Gazprom an den internationalen Schiedsgerichtshof mit der Forderung gewandt, die Lieferkosten für den Zeitraum von 2017 und 2020 anzupassen und den Preis vertragsgemäß nachträglich anzuheben, teilte PGNiG mit.
Dieser Vorgang ist in der Branche nicht ungewöhnlich: 1996 wurde mit dem polnischen Unternehmen ein Vertrag über langfristige Gaslieferungen über die Jamal-Europa-Pipeline abgeschlossen. Dort steht geschrieben, dass beide Seiten alle drei Jahre Preisänderungen beanspruchen können.
2020 machten die Polen erstmals von diesem Recht Gebrauch. Laut Beschluss des Stockholmer Schiedsgerichtshofs zahlte Gazprom an PGNiG 1,5 Milliarden US-Dollar für den Zeitraum von 2014 bis 2017 zurück. So groß war der zurückzuzahlende Überschuss laut Gerichtsbeschluss.
Das Schiedsgericht hatte befunden, dass der Gaspreis angesichts der aktuellen Marktlage im Vertrag zu hoch lag. Anschließend einigten sich die Vertragsparteien auf eine neue Preisformel. Die Polen erreichten dabei sogar ihre anvisierte Kalkulation: Der Preis setzt sich zu 83 Prozent ausgehend vom Spotmarkt und zu 17 Prozent ausgehend vom Ölkorb zusammen.
Ping-Pong um Preise
Doch die Gaspreise stiegen sprunghaft an: auf 1000 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter. Bei einer Ankopplung an den Ölmarkt wären es 300 Dollar gewesen.
Gazproms Gegenklage zeigt: Es handelt sich um ein Ping-Pong-Spiel. In Stockholm erreichte Warschau nicht nur eine neue Preisformel, sondern auch eine Änderung der Fristen der langfristigen Verträge: Nun können die Preise einmal im Quartal statt nach neun Monaten revidiert werden. Damit schossen die Polen quasi ein „Eigentor“.
Dennoch will Warschau nicht nach diesen Regeln spielen. PGNiG-Vorstandschef Pawel Majewski hält Gazproms Forderungen für unbegründet.
Wie das Stockholmer Schiedsgericht entscheiden wird, lässt sich schwer voraussagen, doch der polnische Versorger muss voraussichtlich die geforderte Nachzahlung leisten.
„Polen muss derzeit jedes Quartal eine Neukalkulation zum eigenen Nachteil machen. Im vergangenen Jahr stiegen die Spotpreise um ein Vielfaches. Damit führte die Klage der PGNiG dazu, dass die Polen für direkte Lieferungen mehr als früher zahlen“, sagte der russische Finanzexperte Nikolai Nepljujew.
Teure Laune der Polen
Der Jamal-Vertrag endet im November 2022. Vonseiten Polens hieß es schon häufig, dass sie ihn nicht verlängern wollten.
Warschau setzt auf die norwegische Gasleitung „Baltic Pipe“. Dennoch ist nicht klar, womit diese Pipeline befüllt werden soll – es wurden keine ausreichenden Ressourcen gefunden. Polen braucht 20 bis 21 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Rund fünf Milliarden Kubikmeter sind eigene Fördermengen. Weitere fünf Milliarden Kubikmeter könnten über den LNG-Terminal in Świnoujście verfügbar gemacht werden (bislang wird dieser nur zu 20 Prozent genutzt).
Der aktuelle Vertrag mit Gazprom garantiert 9,8 Milliarden Kubikmeter über die „Jamal-Europa“-Pipeline. „Baltic Pipe“ soll die russische Pipeline vollständig ersetzen. Doch sie ist nur zu 33 Prozent ausgelastet – das sind 3,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr.
„Die projektierte Kapazität von Baltic Pipe in Höhe von zehn Milliarden Kubikmetern entspricht zwar der Menge des Vertrags mit Gazprom, doch diese Pipeline wird kaum zu mehr als 50 Prozent befüllt werden“, so der unabhängige Energieexperte Leonid Chasanow. „Im Ergebnis muss PGNiG teureres Flüssiggas kaufen oder kurzfristige Verträge mit Gazprom abschließen, die ebenfalls nicht günstig sind“.
Ohne Transit geblieben
Bis Mitte Dezember 2021 speiste Gazprom täglich die „Jamal-Europa“-Pipeline entsprechend der Transportkapazitäten. Doch seit dem 17. Dezember fließt deutlich weniger Gas durch den polnischen Abschnitt. Seit dem 20. Dezember nutzte Gazprom diese Gasleitung überhaupt nicht mehr, die Pipeline wurde dennoch für Reverse-Lieferungen aus Deutschland nach Polen gebraucht.
Die Zeitung „Myśl Polska“ gab Einblick in dieses Verfahren: Ein Teil des russischen Gases, das nach Deutschland fließt, wird nach Polen zurückgeleitet und gilt somit als deutscher Kraftstoff – auf diese Weise „senkte“ PGNiG den Gasimport aus Russland.
„Man hätte sich eine Medaille umhängen können, doch der Rohstoff kam trotzdem aus Russland. Als der Transit stoppte, war man trotzdem auf ihn angewiesen“, so die Zeitung „Myśl Polska“. Die „größte und einzige russische Investition auf polnischem Territorium“ kam zum Erliegen, doch Warschau ist das unliebsame Gas trotzdem nicht losgeworden.