„Journalismus, der nach Fakten sucht“? Julian Reichelt will mit neuem Projekt „Marktlücke“ ausfüllen
19:48 17.01.2022 (aktualisiert: 11:01 18.01.2022)
CC BY-SA 4.0 / SammyZimmermanns / Wikimedia Commons (cropped)Axel Springer (Archivbild)

Der ehemalige „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt hat sich in einer Talkshow beim österreichischen Fensehsender Servus TV zu seiner beruflichen Zukunft geäußert. Nein, er wird nicht bei Servus TV landen, sondern will sein eigener Chef werden.
„Der Mann sieht nicht nur gut aus, er füllt alle Lücken aus“, heißt ein unter weisen alten Männern gängiger Spruch. Das könnte wohl auch für den durch Sex-Skandale etwas belasteten Ex-Chefredakteur der „Bild“-Zeitung, Julian Reichelt, gelten, der mit einem eigenen Projekt nun eine „Marktlücke“ füllen will.
„Ich arbeite derzeit an etwas Neuem und spreche da mit sehr vielen, sehr spannenden jungen Kolleginnen und Kollegen“, sagte der 41-Jährige in seinem ersten TV-Auftritt, nachdem ihn Axel Springer im Oktober von seinen Aufgaben als Chefredakteur entbunden hatte. Eine Marktlücke sehe er dann besonders für sich: Journalismus, der nach den Fakten suche und sage, was ist, und nicht das sage, was Regierende gerne gesagt hätten. Damit überschneidet sich sein Ziel etwa mit dem Motto des Nachrichtenmagazins „Spiegel“, das nach dessen Gründer Rudolf Augstein „Sagen, was ist“ sollte.
„Ich hoffe, dass ich diese Marktlücke bald helfen darf zu füllen mit sehr vielen spannenden Menschen, mit denen ich gerade spreche.“ Er arbeite an einer „neuen Plattform“, sagte er weiter, ohne konkreter zu werden. Zugleich bekräftigte Reichelt, dass er nicht bei dem TV-Sender aus Österreich beginnen werde: „Zu Servus TV komme ich nicht.“ Damit ist er auf die Spekulationen im Netz eingegangen. Er hat auch den Vorwurf des Machtmissbrauchs gegenüber Frauen als „perfiden, erfundenen Quatsch“ zurückgewiesen. Er habe dazu beigetragen, an ganz vielen Positionen Frauenkarrieren bei Axel Springer und Bild zu ermöglichen. Die Entscheidung für seinen Rauswurf sei „in einem furchterregenden Klima“ getroffen worden.
Reichelt kritisiert „Spiegel“
Noch bevor er den „Spiegel“-Spruch für sein neues Projekt übernommen hat, hatte Reichelt am Freitag auf Twitter interessanterweise den letzten „Spiegel“-Cover mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) à la James Bond hart kritisiert. „Seinen anvisierten Kopf durch den Lauf einer Pistole zu zeigen, ist gefährliche, toxische Hetze, die Gewalt gegen Menschen heraufbeschwört“, so Reichelt. Ein spannender Wechsel, wenn man bedenkt, dass es auch die „Bild“-Zeitung unter Reichelt war, die man öfter der Hetze beschuldigt hatte.
Ich bin einer der schärfsten Kritiker von @Karl_Lauterbach. Er hätte niemals Gesundheitsminister werden dürfen. Aber seinen anvisierten Kopf durch den Lauf einer Pistole zu zeigen, ist gefährliche, toxische Hetze, die Gewalt gegen Menschen herauf beschwört. pic.twitter.com/nJcyrFUCDQ
— Julian Reichelt (@jreichelt) January 14, 2022